Familienunternehmen stehen oft im Ruf, emotionale Brennpunkte der Instabilität zu sein, bei denen die Anforderungen der Eigentümer das Unternehmen überfordern. Schlagzeilen über zerstörerische Konflikte zwischen prominenten Unternehmerfamilien verstärken den Eindruck leider, dass Familienunternehmen oft ein recht endliches Konstrukt sind, das nur solange Bestand hat, bis fehlender Zusammenhalt und Gier in die unvermeidliche Katastrophe führen.
Die wahre Stärke von Familienunternehmen
Aus unserer langjährigen Erfahrung wissen wir jedoch, dass familiengeführte oder -kontrollierte Unternehmen zu den erfolgreichsten und beständigsten gehören können. Dank der Flexibilität ihrer vergleichsweise kleinen Eigentümergruppe, ihrer konservativen Finanzpolitik und der Widerstandsfähigkeit der Familie in schwierigen Zeiten können sie sich positiv von Publikumsgesellschaften abheben. Ihre langfristig engagierten Eigentümer können ein großer Vorteil sein, weil sie sich nicht mit den kurzfristigen und oft widersprüchlichen Forderungen anonymer Aktionäre auseinandersetzen müssen.
Der Unterschied zwischen Erfolg und Scheitern
Nicht alle Familienunternehmen schreiben Erfolgsgeschichten. Der entscheidende Unterschied zwischen florierenden und scheiternden Familienunternehmen ist unserer Erfahrung nach ein smartes Governance-System. Im Mittelpunkt dieses Systems steht der Beirat, der als "Schiedsrichter der Fairness" fungiert. Ein solches System schafft eine klare Trennung zwischen den Rollen und Verantwortlichkeiten der Eigentümer, des Beirats, des Managements und der Familienmitglieder. Dies mag einfach klingen, ist aber oft schwer umzusetzen, da es keinen einheitlichen Governance-Ansatz gibt.
Das Vier-Zimmer-Modell
Bei der Arbeit mit Familienmitgliedern, die gemeinsam ein Unternehmen besitzen, hat sich unserer Erfahrung nach das "Vier-Zimmer-Modell" als hilfreiches Rahmenwerk erwiesen. Es schafft eigene Foren für die verschiedenen Arten von Gesprächen und Entscheidungen, die in jedem der Räume stattfinden: dem Gesellschafter-Raum, dem Konferenzraum für Aufsichts- und Beiräte, der Kapitänsbrücke der Unternehmensführung und dem Familienzimmer. Jeder Raum folgt seiner spezifischen Logik und hat andere Zugangsvoraussetzungen und einen unterschiedlichen Zeithorizont.
1. Gesellschafter-Raum
Aufgaben: Hier können regelmäßige Eigentümergremien oder Gesellschafterversammlungen stattfinden, bei denen die Ziele und Erwartungen der Eigentümer im Mittelpunkt stehen.
Kompetenzen: Entscheidung über Investitionen, Dividendenpolitik und Veränderungen der Eigentümerstruktur.
Verantwortlichkeiten: Sicherstellung, dass die Interessen der Gesellschafter gewahrt bleiben und die strategischen Ziele des Unternehmens langfristig verfolgt werden.
2. Konferenzraum für Aufsichts- und Beiräte
Aufgaben: Hier finden die Beratungen des Beirats zu geschäftlichen Themen statt.
Kompetenzen: Beratung und Genehmigung von Geschäftsplänen und Budgets, Auswahl und Bewertung der Geschäftsführung.
Verantwortlichkeiten: Sicherstellen, dass das Unternehmen nachhaltig und profitabel geführt wird und die Interessen der Gesellschafter und anderen Stakeholder gewahrt werden.
3. Kapitänsbrücke der Unternehmensführung
Aufgaben: Operative Leitung des Unternehmens, Umsetzung der Unternehmensstrategie und tägliche Geschäftsführung.
Kompetenzen: Treffen operativer Entscheidungen, Personalführung und Ressourcenmanagement.
Verantwortlichkeiten: Erreichen der gesetzten Geschäftsziele und Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb.
4. Familienzimmer
Aufgaben: Pflege der Familienwerte und -traditionen, Konfliktlösung und Stärkung des Zusammenhaltes der Familienmitglieder.
Kompetenzen: Entscheidungen über familiäre Angelegenheiten, Erziehung der nächsten Generation und Wahrung des Familienzusammenhalts.
Verantwortlichkeiten: Sicherstellung eines harmonischen Familienlebens und Vorbereitung der nächsten Generation auf ihre potenziellen Rollen im Unternehmen.
Abgrenzung und Kommunikation zwischen den Räumen
Die klare Abgrenzung der Räume ist unserer Erfahrung nach essentiell, um Konflikte zu vermeiden und die Wirksamkeit der Entscheidungen zu steigern. Jeder Raum hat spezifische Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die sich nicht überschneiden sollten. Eine effektive Kommunikation und Koordination zwischen den Räumen ist entscheidend, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen im besten Interesse des Unternehmens und seiner Eigentümer getroffen werden.
Gesellschafter-Raum und Konferenzraum für Aufsichts-/Beiräte:
Die Gesellschafter legen die strategischen Ziele fest, während der Beirat deren Umsetzung überwacht und das Management berät.
Konferenzraum für Aufsichts-/Beiräte und Kapitänsbrücke:
Der Beirat überwacht die operative Leitung und gibt dem Management strategische Richtlinien vor.
Kapitänsbrücke und Familienzimmer:
Während das Management für die operativen Geschäfte verantwortlich ist, kümmert sich das Familienzimmer um die Wahrung der Familienwerte und die Vorbereitung der nächsten Generation.
Reibungslos funktionierende Kommunikation und Koordination
Die Bedeutung reibungslos funktionierender Kommunikation und Koordination zwischen den Räumen kann nicht genug betont werden. Ohne klare Kommunikationswege und saubere Abgrenzungen kommt es regelmäßig zu Missverständnissen und teilweise existenziellen Konflikten. Es ist in der Praxis unerlässlich, dass alle Beteiligten genau wissen, welchen Hut sie in den verschiedenen Gesprächen aufhaben und welche Rolle sie in den unterschiedlichen Räumen einnehmen.
Beispiele und Probleme bei unklaren Schnittstellen
Wenn die Schnittstellen zwischen den Räumen unklar sind oder nicht gut aufeinander abgestimmt sind, treten unserer Erfahrung nach oft mehrere Probleme gleichzeitig auf, die sich oft gegenseitig verstärken:
Fallbeispiel 1: Uneinigkeit über strategische Entscheidungen
Wenn Gesellschafter ihre strategischen Entscheidungen nicht klar kommunizieren, kann der Beirat keine fundierten Empfehlungen geben, und das Management wird mit inkonsistenten oder widersprüchlichen Vorgaben konfrontiert. Dies führt unserer Erfahrung nach oft dazu, dass die Geschäftsführung anfängt ihre eigene Agenda zu verfolgen und Beirat bzw. Eigentümer bald im Nebel stochern.
Fallbeispiel 2: Familienstreitigkeiten im Unternehmenskontext
Wenn familiäre Konflikte nicht hinter verschlossenen Türen im Familienzimmer gelöst werden, sondern „Coram Publikum“ in verglasten Konferenzraum vor den Augen der Mannschaft ausgetragen werden, leidet unserer Erfahrung nach die Entscheidungsqualität und die so wichtige Unternehmenskultur wird langsam aber nachhaltig vergiftet. Spätestens bei den zustimmungspflichtigen Gesellschafterentscheidungen eskaliert dann die Situation unserer Erfahrung nach.
Fallbeispiel 3: Fehlende Abgrenzung der Rollen
Wenn ein Familienmitglied gleichzeitig im Gesellschafter-Raum, im Beirat und im Management tätig ist, verschwimmen auch für die übrigen Mitglieder die Grenzen, was unserer Erfahrung nach regelmäßig zu Interessenkonflikten und falschen Loyalitäten führt. Ein solches Szenario sorgt spätestens dann zur kompletten Handlungsunfähigkeit, wenn dieses Familienmitglied längere Zeit abwesend ist oder verstirbt.
Zusammenfassung und Empfehlungen
Ein umfassendes Governance-System mit klar definierten Räumen und Verantwortlichkeiten ist für den Erfolg von Familienunternehmen unserer Erfahrung nach unerlässlich. Die Implementierung des Vier-Zimmer-Modells hilft in der Praxis wirkungsvoll dabei, gängige Konfliktursachen vorausschauend zu minimieren und solide Voraussetzungen für schnelle und fundierte Entscheidungen zu schaffen. Familienunternehmen sollten unserer Erfahrung nach großen Wert darauf legen, dass Kommunikation und Koordination zwischen den Gremien reibungslos funktionieren. So können sie ihre langfristigen Unternehmensziele besser erreichen und gleichzeitig den Zusammenhalt der Familie wirksam steigern. Durch die sorgfältige Trennung der Rollen und die Förderung eines offenen Dialogs zwischen den Räumen können Familienunternehmen ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen und gleichzeitig Geschwindigkeit erhöhen.
Sechs Grundregeln für einen unabhängigen Beirat
Wir empfehlen Eigentümern die folgenden sechs Prinzipien zu beachten, um ein unabhängiges Gremium als Bindeglied zwischen Geschäftsführung, Gesellschaftern und Familie zu etablieren oder zu erhalten:
1. Positionieren Sie den Beirat als Kernbestandteil des Governance-Systems
Prüfen und Aktualisieren Sie Rollen, Entscheidungsrechte und Kommunikationsverantwortung des Beirats im Gremienverbund.
2. Erteilen Sie dem Beirat ein klares Mandat
Eigentümer müssen die Tagesordnung festlegen. Der unabhängige Beirat kann die Interessen der Eigentümer unserer Erfahrung nach nur dann wirklich wirksam vertreten, wenn die Eigentümer vorher ihre Ziele, Risikotoleranz und Vision glasklar darlegen. Ohne diese Mission wird der Beirat zu einem weiteren Ort, an dem die Stellvertreterkämpfe der Eigentümerfamilien ausgetragen werden und es entsteht unnötige Komplexität.
3. Verpflichten Sie sich zu einer Zone ohne Kumpel
Der Beirat, der als „verlängerter Arm“ wahrgenommen wird, ist ein Beirat, der niemals in der Lage sein wird, die Rolle des Schiedsrichters für Fairness glaubwürdig wahrzunehmen. Fehleinschätzungen hier lassen sich nur schwer ausräumen und schlagen unserer Erfahrung nach genau dann voll durch, wenn man es am Wenigsten braucht, nämlich im akuten Konflikt- oder Krisenfall. Der Prozess zur Kandidatenidentifizierung und -auswahl ist unser Erfahrung nach dafür ausschlaggebend.
4. Gehen Sie respektvoll mit der Zeit Ihrer Beiratsmitglieder um
Erfahrene, unabhängige Beiräte leisten einen unglaublichen Mehrwert für das Familienunternehmen, sowohl als Fachexperten als auch als Stoßdämpfer zwischen Unternehmen, Familie und Eigentümern. Eigentümer sollten daher sicherstellen, dass ihre Beiräte genügend Zeit damit verbringen, wichtige Führungskräfte kennenzulernen, sich mit wesentlichen Themen zu befassen, Vor- und Nachteile zu diskutieren und das Unternehmen im besten Interesse der Eigentümer zu führen. Zeit ist Geld und muss daher auch entsprechend angemessen honoriert werden.
5. Personalausschüsse mit höchster Sorgfalt besetzen
Derartige Ausschussaufgaben gehören unserer Erfahrung nach zu den kritischsten Aspekten der Beiratstätigkeit. Personalentscheidungen auf dieser Ebene sind in der Praxis der wirkungsvollste Hebel zur Disziplinierung von Familienunternehmen, die sehr hohe Entscheidungsautonomie. Der Finanzausschuss sollte in der Lage sein, die externen Prüfer zu befragen, der Vergütungsausschuss muss Richtlinien auf der Grundlage von Benchmark-Daten festlegen und ein Governance-Ausschuss kann für die kontinuierliche Verbesserung des Beirats von entscheidender Bedeutung sein. Darüber hinaus müssen Eigentümer Beiratsressourcen einstellen und zuweisen, um den geschäftlichen Herausforderungen gerecht zu werden.
6. Der Prozess ist der Schlüssel
Eine strukturierte und disziplinierte Diskussion mit angemessener Dokumentation im Beirat gibt den Familiengesellschaftern die in unserer Erfahrung sehr wichtige Gewissheit, dass Entscheidungen wohlüberlegt und ausgewogen sind. Die Sorgfalt, mit der der Beirat seine Arbeit ausführt, spiegelt sich in der Reaktionsfähigkeit, Geschwindigkeit und Gründlichkeit der Arbeit im Management-Team sowie im Vertrauen der Gesellschafter wider.
Fazit
Ein smartes Governance-System braucht einen effektiven Beirat. Beides ist unserer Erfahrung nach entscheidend für den langfristigen Erfolg von Familienunternehmen. Nur durch klare Strukturen, eine sorgfältige Auswahl und angemessene Unterstützung der Beiratsmitglieder können Familienunternehmen sicherstellen, dass ihre Interessen als Eigentümer gewahrt bleiben indem stets fundierte Entscheidungen getroffen werden. Die Umsetzung der genannten Prinzipien ist hilfreich, um die Governance zu stärken und die Weichen für nachhaltigen Erfolg zu stellen.
Was ist Ihre Erfahrung?
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