Zusammenfassung
Gesellschafter von Familienunternehmen haben das Recht und die Pflicht zu entscheiden, welche Werte ihr Unternehmen schaffen soll.
Sie müssen zwischen Wachstum, Rendite und Sicherheit wählen, aber sie können sich nicht für alle drei zugleich entscheiden.
Ihre Eigentümerfamilie muss Kompromisse eingehen, und ihre Prioritäten dabei so setzen, dass die langfristige Unabhängigkeit ihres Familienunternehmens dadurch gestärkt wird.
Praxis-Beispiel
Dr. Baum und seine Frau haben einen Hidden-Champion für Industrieverpackungen aus dem Familienunternehmen gemacht, das sie vom Gründer übernommen haben. Die beeindruckende Erfolgsgeschichte ist eng mit dem globalen Aufstieg der benachbarten Automobilindustrie verknüpft, zu der langjährig enge Beziehungen bestehen. Mehr als 70% des Gruppenumsatzes kommen entsprechend von zwei Automotivekunden, einer davon steuert mehr als die Hälfte des Jahresgewinns bei. Die in den Startlöchern stehende 3. Generation, der im Rahmen der vorgezogenen Erbfolge bereits Anteile übertragen wurden, hält dieses Risiko für nicht gesund, um hier in die weitere Expansion zu investieren und fordert die etablierte Thesaurierungspraxis in eine risikoangepasste Gewinnentnahme zu überführen. Der familienfremde Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb hat gerade einen neuen Grossauftrag mit einem der beiden Key-Accounts an Land gezogen, hat Dr. Baum und seiner Frau einen aggressiven Expansionsplan vorgestellt und feuert seine Mannschaft an bei den Schlüsselkunden weiterhin Vollgas zu geben. Währenddessen bleiben Erfolge in dem vor einigen Jahren aufgebauten Geschäftsfeld für Intralogistik-Dienstleistungen im Online-Handel seit Jahren weit hinter den Erwartungen zurück.
Beispiel-Implikationen
Die im operativen Tagesgeschäft eingebundenen geschäftsführenden Gesellschafter waren immer so nah am Kunden, dass die Risiken der Kundenabhängigkeit handhabbar erschienen. Für die neuen Teilhaber ohne Tuchfühlung im Markt war die Kundenbeziehung eine Blackbox, mit unüberschaubaren Risiken für den Löwenanteil ihres Vermögens.
Die variable Vergütungsstruktur des Fremdgeschäftsführers basierte auf Umsatz und Wachstum, ohne qualitative Leitplanken und Risikoparameter.
In diesem Kontext Eigentümerziele zu formulieren stellte das bestens laufende Geschäftsmodell fundamental in Frage - eine tiefgreifende Transformation aller Strukturen und Prozesse war die Folge und ein fundamentaler Wechsel in Mentalität und Verhalten in der gesamten Vertriebsmannschaft stand an. eine enorme unternehmerische Herausforderung für beide Generationen.
Highlander statt Eierlegenderwollmilchsau
Eine gute Gesellschafterstrategie setzt plausible Ziele, die gern ambitioniert sein sollen, aber sich nicht gegenseitig ausschließen dürfen. Wenn Sie eine Gesellschafterstrategie erarbeiten und dabei im ersten Schritt ihre wirtschaftlichen Ziele für das Familienunternehmen festlegen, müssen sie Tacheles reden und dürfen keine Luftschlösser bauen.
Das geht ans Eigemachte, stellt lieb gewonnene Gewissheiten in Frage und läuft in der Regel nicht ohne inhaltliche Differenzen ab, die es auszuhalten gilt.
Ohne Moos nix los - Geld sichert Unabhängigkeit
Geld ist nicht alles, aber ohne genügend Cash schreiben sie den Insolvenzantrag schneller als sie schauen können. Unternehmerische Unabhängigkeit zu erhalten ist bei allen Familienunternehmen, mit denen wir gearbeitet haben, das höchste Gut.
Eine gute Gesellschafterstrategie übersetzt das in klare Vorgaben für das Liquiditätsmanagement im Unternehmen im Regelbetrieb und richtet die Risikoprävention entsprechend aus.
Kapitalrendite ohne Marktrisiko bleibt ein Märchen
Wer eine Gesellschafterstrategie erarbeitet ohne Eigenkapitalquote und Eigenkapitalverzinsung zu definieren, kann seine Geschäftsführung nicht richtig steuern und ihr tragfähige Leistungsanreize setzen. Kunden- und Lieferantenabhängigkeiten gehören dabei ebenso auf den Tisch wie das Pricing als zentralen Renditehebel.
Spielen Sie mit offenen Karten, für welche Risiken ihre Kunden bereit sind ihnen eine Marge zu bezahlen.
Unternehmenswachstum bedeutet individuellen Kontrollverlust
Wenn Ihr Fremdgeschäftsführer für jeden Bleistift von Ihnen als Gesellschafter eine Freigabe braucht machen sie Wachstum unmöglich. Wenn in neuen Geschäftsbereichen wachsen wollen oder müssen kann das nicht in den etablierten Planungs- und Kontrollstrukturen und der bestehenden Mannschaft erfolgreich sein.
Versuchen Sie nicht überall mitzureden, sondern konzentrieren Sie sich als Eigentümer auf Bereiche, wo sie zu den zustimmungspflichtige Entscheidungen auch einen Nutzen bieten.
Was ist Ihre Erfahrung?
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