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Die Vorherrschaft der aktiven Gesellschafter-Kultur überwinden

Autorenbild: Christian SchiedeChristian Schiede

Die Kultur der geschäftsführenden Gesellschafter ist gerade in Deutschland tief verwurzelt in vielen Familienunternehmen. Sie beschreibt die intensive Einbindung des Gesellschafters in die operative Geschäftsführung und die Entscheidungsfindung im Tagesgeschäft. Diese Kultur hat zweifelsohne zu vielen Erfolgsgeschichten beigetragen, birgt jedoch auch Herausforderungen, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Generationen hinweg wächst.


Anhand des Beispiels von Müller Maschinenbau, einem in den 1960er Jahren gegründeten Produktionsunternehmens für Spezialmaschinen, beleuchten wir die Vor- und Nachteile dieser Kultur und bieten Einblicke, wie Familienunternehmen erfolgreich den Übergang zu einer moderneren Governance-Struktur meistern können.

Viele Führungskräfte von Familienunternehmen gehen davon aus, dass der einzige Weg, ein guter Eigentümer zu sein, darin besteht, auch das Unternehmen zu leiten. Das bedeutet, dass die nächste Generation bereit sein muss, Führung im Tagesgeschäft zu übernehmen. Aber das ist unserer Erfahrung nach nicht immer die beste Idee.

Klaus Müller, Gründer der heutigen Müller Maschinenbau Gruppe, verkörperte die Kultur der geschäftsführenden Gesellschafter. Mit seinem pragmatischen Ansatz und tiefem Engagement in allen Angelegenheiten des Unternehmens vor Ort oder bei Kunden führte er das Unternehmen durch Höhen und Tiefen. Diese dominante, sehr auf die Einzelperson zugeschnittene Kultur, die wir oft auch bei den Nachfolgern als Grundprinzip wiederfinden, basiert auf der Annahme, dass Gesellschafter jedes Detail des Unternehmens kennen müssen, um gute Eigentümer zu sein. Diese Überzeugung kann jedoch zu einer sehr engen Sichtweise führen und die Innovationsfähigkeit des Unternehmens massiv einschränken.


Wir haben in der Praxis beobachtet dass die Kultur des geschäftsführenden Gesellschafters starke historische Wurzeln hat und einen starken Anker in stürmischen Entwicklungs- und Wachstumsphasen des Familienunternehmens bietet.


Unsere Erfahrung ist aber auch, dass die Unternehmerfamilie erkennen sollte, dass die Weiterentwicklung dieser Kultur entscheidend dafür ist Erfolg wiederholbar und vom Gründermythos unabhängig zu machen.

Mit dem Wachstum und der zunehmenden Komplexität des Familienunternehmens zeigt sich unserer Erfahrung nach häufig, dass die einst erfolgreichen Führungsansätze kein Erfolgsrezept für die Zukunft sind, das trägt. Die Geschichte von Herr Müllers Söhnen Benno und Stefan illustriert diese Problematik eindrucksvoll. Während die Brüder nach dem Tod des Vaters die Geschäftsführung übernahmen und ähnliche Wege beschritten, standen sie vor der massiven Herausforderung, die auf einen Entscheider ausgerichtete Kultur mit den Anforderungen eines international stark wachsenden Unternehmens in Einklang zu bringen. Die beiden Geschwister von Benno und Stefan, die nicht im Unternehmen arbeiteten, fühlten sich komplett ausgeschlossen und nicht wertgeschätzt, was zu heftigen Konflikten führte, als die Gewinnausschüttungen zugunsten der Internationalisierung komplett ausgesetzt wurden.


Stärken & Schwächen der Kultur geschäftsführender Gesellschafter


Vorteile


  1. Tiefe Unternehmenskenntnis: Geschäftsführende Gesellschafter haben in der Regel ein umfassendes Verständnis für die internen Abläufe und die Geschichte des Unternehmens. Dies ermöglicht ihnen, fundierte Entscheidungen zu treffen, die auf tiefem Wissen basieren.

  2. Schnelle Entscheidungsfindung: Da die Gesellschafter direkt in die Geschäftsführung eingebunden sind, können Entscheidungen schnell und ohne langwierige Abstimmungsprozesse getroffen werden. Dies erhöht die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens.

  3. Hohe Motivation und Engagement: Die persönliche Bindung der Gesellschafter zum Unternehmen führt oft zu einem hohen Maß an Motivation und Engagement. Sie sind bereit, erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um den Erfolg des Unternehmens zu sichern.

  4. Langfristige Perspektive: Geschäftsführende Gesellschafter denken langfristig und sind darauf bedacht, das Unternehmen für zukünftige Generationen zu erhalten und zu stärken. Dies kann zu einer nachhaltigen Geschäftspolitik führen.

Nachteile

  1. Begrenzte Perspektiven: Die enge Einbindung der Gesellschafter in das Tagesgeschäft kann dazu führen, dass externe Perspektiven und innovative Ansätze vernachlässigt werden. Dies kann die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigen.

  2. Überlastung und Burnout: Die hohe Verantwortung und das ständige Engagement können zu Überlastung und Burnout bei den geschäftsführenden Gesellschaftern führen. Dies gefährdet ihre Gesundheit und ihre Entscheidungsfähigkeit.

  3. Konflikte innerhalb der Familie: Die enge Verknüpfung von Familienbeziehungen und Unternehmensführung kann zu Spannungen und Konflikten führen. Unterschiedliche Erwartungen und Rollenverteilungen innerhalb der Familie können das Betriebsklima belasten.

  4. Erschwerte Professionalisierung: Die Kultur geschäftsführender Gesellschafter kann die Professionalisierung der Unternehmensführung behindern. Externe Manager und Berater werden möglicherweise als Bedrohung wahrgenommen und nicht ausreichend eingebunden.


Transformation der aktiven Gesellschafterkultur


Professionalisierung der Geschäftsführung

Die Übergabe der operativen Führung an professionelle Manager kann den Weg für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ebnen. Ben und Sam erkannten, dass sie die Kontrolle übergeben mussten, um das Wachstum des Unternehmens zu sichern. Sie stellten ein starkes Managementteam ein und stärkten den Vorstand mit qualifizierten unabhängigen Direktoren. Unserer Erfahrung nach  sollten Gesellschafter sich auf die strategische Führung und Governance konzentrieren, während erfahrene Manager die operativen Aufgaben übernehmen.

Dies schafft Raum für neue Perspektiven, ermöglicht Innovation und bringt oft Effizienzsteigerungen.

Stärkung der Governance-Strukturen

Ein gut strukturierter und unabhängiger Beirat kann halfen langfristige strategische Entscheidungen besser zu treffen. Dies wurde bei der Müller Maschinenbau Gruppe überdeutlich, als die Familie einen Beirat installierte und klare Entscheidungsprotokolle entwickelte. Die Weiterentwicklung der aktiven Gesellschafterkultur geht unserer Erfahrung schneller und besser mit der Einführung einer starken Governance-Struktur.

Dazu gehören in der Praxis immer ein unabhängiger Beirat, der eine objektive Perspektive bietet und die Unternehmensführung wirkungsvoll unterstützt.

Förderung einer inklusiven Eigentümerkultur

Die Einbindung aller Familienmitglieder in die Eigentümerschaft verbessert unserer Erfahrung nach den Familienzusammenhalt und hilft dabei Konflikte zu minimieren. Bei der Müller Maschinenbau Gruppe führte dies zu mehr Konsens und zu einem besseren Verständnis der Familienwerte. 

Dazu hat es sich in der Praxis bewährt, ein Modell der geteilten Eigentümerschaft zu etablieren, das alle Familienmitglieder einbezieht und deren unterschiedliche Beiträge und Bedürfnisse berücksichtigt.

Wert der formalen Bildung und kontinuierlichen Weiterbildung

Klaus Müller misstraute formaler Bildung zutiefst, auch weil er selbst früh aus der Schule in den Beruf gewechselt ist. Heute kommen Unternehmen aber ohne exzellent ausgebildete Fach- und Führungskräften nicht voran. Herr Müllers Tochter, die trotz ihrer Ausbildung nicht im Unternehmen arbeitete, könnte dennoch einen wertvollen Beitrag als Beiratsmitglied leisten.

Wir ermutigen daher immer formale Bildung und kontinuierliche Schulungen als strategische Ressourcen wertzuschätzen.

Bedeutung klarer Kommunikations- und Informationssysteme

Ein weiterer kritischer Punkt ist unserer Erfahrung nach die Kommunikation innerhalb der Familie und der Austausch mit dem Führungsteam des Familienunternehmens. In der Müller Maschinenbau Gruppe führte die fehlende Kommunikation zu erheblichen Spannungen und ständigen Missverständnissen zwischen den aktiven und passiven Gesellschaftern.

Transparente Kommunikations- und Informationssysteme zu etablieren ist unserer Erfahrung nach essenziell, um sicherzustellen, dass alle Gesellschafter auf dem aktuellen Stand sind und sich wertgeschätzt fühlen.

Fazit

Die Kultur des geschäftsführenden Gesellschafter hat vielen Familienunternehmen den Weg zum Erfolg geebnet. Doch mit dem Wachstum und der daraus resultierenden Komplexität müssen diese eingefahrenen Routinen und Prinzipien grundsätzlich hinterfragt, vorbehaltlos überdacht und meistens umfassend angepasst werden. Durch die Professionalisierung von Geschäftsführung, die Stärkung der Governance und die Förderung einer inklusiven Eigentümerkultur können Familienunternehmen langfristig erfolgreich bleiben. Indem sie die Vorteile der traditionellen Kultur bewahren und gleichzeitig moderne Managementpraktiken integrieren, schaffen sie die Grundlage für langfristigen Erfolg.Wir ermutigen Unternehmerfamilien daher ihre Führungs- und Eigentümerstrukturen regelmäßig zu überprüfen und bei Bedarf auch konsequent anpassen. In der Praxis ist es wichtig sicherzustellen, für zukünftige Herausforderungen heute gewappnet zu sein. Investieren Sie in Bildung und Kommunikation, um eine starke, zukunftsorientierte Eigentümerkultur zu schaffen.


 

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