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AutorenbildChristian Schiede

Das Familienunternehmen verkaufen, aber richtig.

Die Spannungen auf der jährlichen Gesellschafterversammlung waren hoch, weil die Eigentümer des Familienunternehmens sich uneinig waren. Das 60 Jahre alte Familienunternehmen hatte schwere Zeiten durchlebt. Jahrzehntelang führend in seinem Bereich, sahen sich die Eigentümer nun den anhaltenden Auswirkungen der Pandemie und dem Aufkommen kapitalstarker Wettbewerber gegenüber.

„Vielleicht ist es an der Zeit, über den Verkauf zu reden“, schlug ein Eigentümer vor. Diese Bemerkung löste eine hitzige Debatte aus, die die Frage aufwarf: Wann ist es wirklich Zeit, ein Familienunternehmen zu verkaufen?

Der Exit als emotionaler und wirtschaftlicher Drahtseilakt

Der Verkauf eines Familienunternehmens ist mehr als nur eine finanzielle Entscheidung. Es ist eine komplexe Mischung aus wirtschaftlichen Überlegungen, emotionalen Bindungen und sozialen Verpflichtungen.

Dieser Beitrag versucht die Käuferseite und die Perspektive der Familienunternehmen zu berücksichtigen, weil "it takes two to tango".

Dieser Beitrag soll dabei helfen, die entscheidenden Faktoren und Prozesse zu verstehen, die zu einer erfolgreichen und gut überlegten Entscheidung führen können.


Wann ist es Zeit zu verkaufen?

Ein zentraler Punkt bei der Entscheidung über den Verkauf eines Familienunternehmens ist die Abwägung zwischen Anschaffungskosten und Nutzen. Doch für Familienunternehmen ist diese Kosten-Nutzen-Analyse nur der Anfang.

Es gibt zahlreiche nicht-geschäftliche Überlegungen, die gleichberechtigt berücksichtigt werden müssen:

Gründe für den Verkauf sind unserer Erfahrung nach oft

  • Diversifizierung des Familienvermögens: Viele Familien entscheiden sich für den Verkauf, um ihr Vermögen zu diversifizieren und so Risiken zu minimieren.

  • Familienkonflikte vermeiden: Gemeinsamer Besitz kann zu Spannungen führen. Ein Verkauf kann diese Konflikte lösen.

  • Unabhängigkeit: Der Wunsch nach mehr individueller Entscheidungsfreiheit kann ein wichtiger Faktor sein.

  • Übergang zu passiven Investitionen: Manche Familien möchten sich von der aktiven Unternehmensführung zurückziehen und in weniger zeitaufwendige Anlagen investieren.

  • Fehlender Nachfolgeplan: Wenn keine geeignete Nachfolge innerhalb der Familie vorhanden ist, kann ein Verkauf die beste Lösung sein.

Gründe gegen den Verkauf sind meistens

  • Emotionale Bindung: Das Unternehmen sorgt für eine sehr starke emotionale Verbindung im Kreis der Familie und trägt wesentlich zur Identität und Selbstwert der Familienmitglieder bei.

  • Gemeinsames Eigentum: Ein starkes Gemeinschaftsgefühl und der Wunsch, das Unternehmen für zukünftige Generationen zu erhalten sorgt für erhebliche Dynamik, die gegen einen Verkauf wirkt.


Warum Verkaufsprozesse scheitern

Um die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns von Verkaufsprozessen von Familienunternehmen zu verstehen, ist eine Übersicht der relevanten wissenschaftlichen Untersuchungen hilfreich. Hier sind die vier Hauptgründe und ihre Auswirkungen, basierend auf unseren Erfahrungen und relevanten Studien:

Emotionale Bindungen und Familienwerte

  • Wahrscheinlichkeit des Scheiterns: Hoch

  • Einfluss: Sehr stark

Familienunternehmen sind oft stark durch emotionale Bindungen und familiäre Werte geprägt. Diese Faktoren können zu erheblichen Konflikten und Missverständnissen führen, wenn die Erwartungen der Familie nicht mit den Zielen des Käufers übereinstimmen. Studien zeigen, dass emotionale und psychologische Aspekte eine Hauptursache für das Scheitern von Übernahmen sind. Laut einer Studie von DeTienne und Chirico (2013) sind emotionale Bindungen ein entscheidender Faktor, der die Bereitschaft zur Veräußerung eines Familienunternehmens erheblich beeinflussen kann​.

Fehlende Kommunikation und Konflikte

  • Wahrscheinlichkeit des Scheiterns: Mittel bis hoch

  • Einfluss: Stark

Eine unzureichende Kommunikation und ungelöste Konflikte innerhalb der Familie können ebenfalls zu einem Scheitern des Verkaufsprozesses führen. Konflikte über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens oder über persönliche Interessen können die Verkaufsverhandlungen erheblich erschweren. Eine Studie von Astrachan und Jaskiewicz (2008) zeigt, dass interne Konflikte und Kommunikationsprobleme häufig die Ursachen für das Scheitern von Verkaufsprozessen sind​.

Mangelnde Vorbereitung und Planung

  • Wahrscheinlichkeit des Scheiterns: Mittel

  • Einfluss: Moderat bis stark

Viele Familienunternehmen scheitern am Verkauf, weil sie nicht ausreichend auf den Übergang vorbereitet sind. Dies umfasst fehlende Nachfolgeplanung und unklare Unternehmensstrukturen. Eine Untersuchung von Le Breton-Miller et al. (2004) betont, dass eine fehlende Nachfolgeplanung zu Instabilität und Unsicherheit führt, was potenzielle Käufer abschreckt​.

Kulturelle Unterschiede zwischen Familie und Käufer

  • Wahrscheinlichkeit des Scheiterns: Hoch

  • Einfluss: Sehr stark

Kulturelle Unterschiede zwischen der familiengeführten Unternehmensführung und der meist rationaleren, kennzahlengetriebenen Herangehensweise von Private-Equity-Firmen können zu erheblichen Reibungen führen. Diese Unterschiede können die Integration nach dem Verkauf und die Zusammenarbeit erheblich beeinträchtigen. Laut einer Studie von Gomez-Mejia et al. (2010) sind kulturelle und managementbezogene Unterschiede zwischen Familienunternehmen und externen Käufern oft Hauptursachen für das Scheitern von Übernahmen​.


Der Entscheidungsprozess: Ein Drahtseilakt ohne Netz und doppelten Boden

Um zu einer fundierten Entscheidung zu gelangen, müssen Familienunternehmen einen klaren Entscheidungsprozess etablieren. Dabei spielen verschiedene Gruppen immer unterschiedliche Rollen: Eigentümer, Beirat und Geschäftsführung.

Normalisierung des Gesprächs

Die Diskussion über einen möglichen Verkauf muss in einem sicheren und offenen Rahmen stattfinden. Eigentümerversammlungen oder Beiratssitzungen bieten geeignete Plattformen, um solche Gespräche zu führen.

Entscheidungsbefugnis klären

Es ist wichtig zu wissen, wer die Autorität hat, einen Verkauf zu entscheiden. Sind es die Eigentümer direkt, der Vorstand oder Treuhänder? Klare Kommunikationsprotokolle helfen, Verwirrung zu vermeiden.

Ein klarer Entscheidungsprozess

Ein gut strukturierter Prozess stellt sicher, dass alle wichtigen Interessengruppen einbezogen werden. Die Familie Jones beispielsweise bildete einen Eigentümerrat und arbeitete eng mit unabhängigen Vorstandsmitgliedern zusammen, um Optionen zu bewerten und Empfehlungen auszusprechen.

Alternativen zum Verkauf vorher prüfen und entscheiden

Bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird, müssen mögliche Alternativen zum Exit in Betracht gezogen, fundiert geprüft und gemeinsam entschieden werden.

Beispiele könnten eine Erhöhung der Dividenden, Änderungen im Governance-Modell oder ein teilweiser Verkauf sein. Diese Optionen können den Eigentümern helfen, ihre Ziele zu erreichen, ohne das Unternehmen vollständig zu verkaufen.


Zusammenfassung

Der Verkauf eines Familienunternehmens ist eine komplexe Entscheidung, die weit über finanzielle Überlegungen hinausgeht. Ein strukturierter Entscheidungsprozess, der alle relevanten Interessengruppen einbezieht und mögliche Alternativen abwägt, ist essenziell.


Handlungsempfehlungen

  • Offene Kommunikation fördern: Schaffen Sie einen sicheren Rahmen für Diskussionen über die Zukunft des Unternehmens.

  • Klare Entscheidungsstrukturen etablieren: Definieren Sie, wer Entscheidungsbefugnis hat und wer konsultiert werden sollte.

  • Professionelle Unterstützung einholen: Nutzen Sie die Expertise von Beratern, um den Prozess zu begleiten und zu optimieren.

  • Alternativen in Betracht ziehen: Evaluieren Sie alle möglichen Optionen, bevor Sie eine endgültige Entscheidung treffen.

Denkanstöße

  • Wie stark ist die emotionale Bindung Ihrer Familie an das Unternehmen?

  • Gibt es klare Nachfolgepläne und -interessen in der nächsten Generation?

  • Welche finanziellen und nicht-finanziellen Ziele verfolgt Ihre Familie?


Ein Verkauf kann die richtige Entscheidung sein, aber nur, wenn er sorgfältig abgewogen und extrem professionell geplant wird. Der Schlüssel liegt in einer offenen Kommunikation, klaren Entscheidungsstrukturen und der Einbeziehung professioneller Unterstützung. So kann sichergestellt werden, dass die Entscheidung nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Familie langfristig stärkt.



 

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